CRM-Tool im Test: Contactually

Quelle: Valerie Everett auf Flickr

Eine der häufigsten Fragen, die ich gestellt bekomme, ist: "Welches CRM-Tool empfiehlst du?" Meine Antwort darauf: "Es kommt darauf an, wofür du es brauchst", ist natürlich wenig hilfreich. Aus diesem Grund werde ich in den nächsten Wochen hier im Blog ein paar CRM-Tools ausführlich vorstellen, um einen kleinen Einblick in den großen Markt CRM-Tools zu geben. CRM steht übrigens für Customer Relationship Management (Kundenbeziehungs-Management).

Den Auftakt macht Contactually, das sich selbst als "The best CRM for people who believe relationships should be strengthened, not managed" bezeichnet. Die Frage ist, stimmt das? Ja, aber es hat einige Schwächen, und es hat seinen Preis. Hier ein ausführlicher Testbericht.

Im Eimer

Zentrales Element von Contactually sind Buckets, Eimer. Statt wie bei vielen anderen CRMs Kontakte "nur" nach Prospects, Leads und Customers zu klassifizieren, kann der Nutzer verschiedene Eimer definieren und Kontakte entsprechend zuweisen (in der kostenlosen Variante sind acht Eimer möglich).

Kontakte können aus E-Mail-Account(s), Sozialen Netzwerken (Facebook, Twitter und LinkedIn) oder folgenden Tools importiert werden:


Leider gibt es keine Schnittstelle zu XING. Sie ist vorerst auch nicht geplant.

Tipp: Am besten zunächst alle diese Kontakte importieren. Dies spart später Zeit beim Zuweisen der Kontakte zu bestimmten Buckets bzw. beim Zusammenführen (Merge).

Die Kontakte sind im Eimer

Man kann sich bei der Eimer-Einteilung zunächst an "klassische" CRM-Tools halten und die Kontakte untergliedern in:

  • Prospects (Interessenten)
  • Leads (potenzielle Kunden)
  • Clients (Kunden)

Ich empfehle aber noch etwas kleinteiliger vorzugehen, wenn man schon die Möglichkeit hat. Zum Beispiel Kunden in Produkt-/Dienstleistungsgruppen zu unterteilen:

  • Beratung
  • Design
  • Entwicklung
  • Trainings

Oder wie die Kontakte gewonnen wurden:

  • Webinale 2013
  • Barcamp Regensburg 2013
  • Messe XYZ

In den "Settings" lässt sich dann pro Eimer festlegen, wie oft man sich bei den Kontakten melden möchte, z. B. alle 30 Tage. Contactually schickt dann einen Reminder (per E-Mail und erinnert im Dashboard), falls in der Zwischenzeit kein Kontakt bestand.


Bucket Game

Mithilfe des sog. Bucket Game kann man dann seine Kontakte den Eimern zuordnen. Das ist gut gemacht. Es gibt einen Stapel mit jeweils 50 Visitenkarten. Einfach den entsprechenden Eimer-Namen anklicken oder den Kontakt aus der Liste löschen. Im Nachgang ist es dann möglich, einen Kontakt mehreren Eimern zuzuweisen. Heißt "Leads" und "Follow-Up".



Dashboard – mach was

Das Dashboard gibt einen Überblick, bei welchen Leuten man sich wieder melden sollte.


Contactually liefert außerdem Statistiken, etwa bei wie vielen Kontakten man sich diese Woche schon gemeldet hat und ob damit das Wochenziel schon erreicht wurde.



Einzelansicht - Kontakte

So sieht in Contactually die Einzelansicht bei Kontakten aus:


Rechts sieht man Tweets oder Status-Updates aus Facebook und LinkedIn (je nach Privatsphären-Einstellung der Nutzer).


E-Mails

Mit Contactually lassen sich zudem E-Mails verschicken, entweder individuell oder an mehrere Kontakte.

Ein Empfänger

Will man die E-Mail nur an einen Empfänger schicken, kann man in der Einzelansicht auf die E-Mail-Adresse oder in der Gesamtkontaktübersicht auf das E-Mail-Symbol klicken. Danach öffnet sich folgendes Dialogfenster:


Dort kann man verschiedene Templates auswählen. Es gibt zahlreiche englischsprachige Vorlagen, eigene Vorlagen können selbstverständlich auch erstellt werden.


Außerdem kann man Content teilen, etwa Artikel, die man im Internet gefunden hat (wie das geht, erkläre ich später)


oder Kontakte einander vorstellen "Introduce".

Wer will kann, kann informiert werden, ob der Empfänger die E-Mail geöffnet, Links angeklickt oder ob man einen Reminder bei Nichtantwort möchte (siehe Screenshot "E-Mail - Ein Empfänger"). Contactually erinnert dann im Dashboard daran (je nach Auswahl nach zwei, fünf, sieben, vierzehn oder dreißig Tagen).

Möchte ich die E-Mails zu einem späteren Zeitpunkt verschicken, auf das Uhr-Symbol klicken.


E-Mail an mehrere Empfänger

Dazu klickt man im Bereich "Contacts" die betreffenden Personen an, wählt "Scaleemail" und wird dann an eine Vorlage weitergeleitet. Dort kann man ebenfalls zwischen verschiedenen Templates wählen oder Content teilen.

Im nächsten Schritt kann die E-Mail noch personalisiert werden. Angenommen ich möchte bei der E-Mail an Karla Mustermann noch ergänzen, dass das letzte Telefonat sehr hilfreich war, kann ich es hier tun.




Interessante Links weiterleiten

Über das Feature "Article Sharing" kann man interessante Links bequem an seine Kontakte weiterleiten. Entweder ein Lesezeichen setzen oder manuell einen Link hinzufügen. 
                 
        
Programs

Mit Hilfe von Programs lassen sich Follow-Up-Aktionen automatisieren. Ein Beispiel wären Messekontakte, an die ich zehn Tage später eine E-Mail mit weiteren Informationen über das Produkt/Dienstleistung/Unternehmen schicke.


Wie man sieht, kann man einen Haken setzen, dass man vor dem E-Mail-Versand informiert wird, um zu vermeiden, dass etwa Leute angeschrieben werden, zu denen zwischenzeitlich bereits Kontakt bestand.

Ein zweiter Schritt wäre beispielsweise eine Erinnerung, falls ich nach 14 Tagen noch keine Antwort erhalten habe.

          

Pipeline

Pipeline ist das Angebots-Feature. Voreingestellt ist die "Sales Pipeline" mit fünf Angebotsphasen. Dies und die Bezeichnung lassen sich über "Settings" ändern. Auch der Zeitpunkt, wann eine Erinnerung zum Nachhaken gesendet wird, statt 30 schon nach 21 Tagen.



Ansichtssache - Angebote

Die Angebote lassen sich einfach verschieben. Entweder in der Listenansicht im Drop-Down-Menü oder in der Gitteransicht per Drag and Drop. Angebote, die gewonnen oder verloren wurden, in das entsprechende Feld am linken Rand ziehen (lässt sich leider nicht per Screenshot darstellen).


Es lässt sich außerdem feststellen, in welcher Phase Angebote verloren gingen. 


Wer außerdem nach Produkten oder Bereichen (z. B. Beratung, Design, Workshop) unterscheiden will, kann verschiedene Pipelines anlegen.

Leider besteht noch keine Möglichkeit, Anhänge hochzuladen.

Contactually unterwegs

Ich habe die kostenlose Android-App getestet. Man hat Zugriff auf:

  • Dashboard (Erinnerungen an Follow-Ups),
  • Kontaktdaten
  • Buckets

Außerdem kann man E-Mail verschicken. Die Templates stehen auch dort zur Verfügung. Ich habe mich mit der App nicht anfreunden können. Lieber nutze ich Contactually am Rechner.

Nicht getestet: Teams

Es gibt ein Team-Feature, das ich nicht getestet habe. Für jedes Team kann man Buckets anlegen, Aufgaben zuweisen usw. Hier gibt es weitere Infos.

Kritik – noch keine runde Sache:

Es läuft vieles noch nicht rund. Zu oft bin ich damit beschäftigt, automatisch importierte Kontakte (aus E-Mail-Accounts, LinkedIn usw.) wieder zu löschen. Leider merkt sich das das System nicht, sodass ich den Kontakt ein zweites und drittes Mal löschen muss. Auch funktioniert der "Merge" nicht optimal, hier sind auch mehrere Versuche notwendig.

Zudem ist das Tool für den englischsprachigen Raum ausgelegt. Das bedeutet es gibt keine XING-Integration. Ein Kontaktimport ist über .csv möglich, XING liefert aber nur vCards, das heißt ein weiterer Zwischenschritt ist erforderlich. Wer dafür ein empfehlenswertes Tool kennt, bitte Bescheid geben. 

Außerdem gibt es keine deutsche Sprachversion, was sich gerade bei den E-Mail-Templates auswirkt. Jan Theofel merkt dazu an:

  • Mann/Frau bzw. Du/Sie
    Geht nicht. Der Contactually-Support schlägt vor, ich soll das in Buckets legen und diese unterscheiden. Dadurch werden aus 5 Buckets dann 20 wenn ich Mann/Frau und du/Sie berücksichtige. Ebenso müssen alle Mail-Templates nicht nur dupliziert (du/sie) sondern vervierfacht werden (du/sie - Mann/Frau).

  • Mailtemplates können nicht kopiert werden
    Erschwerend zum ersten Punkt kommt hinzu, dass Mailtemplates nicht im System kopiert werden können.

Weitere Punkte, die Jan kritisiert:

  • Synchronisation: Alles oder nichts
    Mit Google Mail werden alle Mails synchronisiert und Kontakte angelegt. Versende ich E-Mails mit Kopie an fragen@bleibgesundcamp.de, wird der Kontakt immer wieder neu angelegt. Eine Einschränkung auf das Google-Mail-Adressbuch ist nicht vorgesehen. Auch keine Blacklist, bei der ich sagen kann: "Diese Mailadresse ignoriere in Zukunft." So musste ich über 400 von 1200 Kontakten löschen.

  • Geschwindigkeit
    Aktuell ist das System sehr langsam. Oftmals werden Grafiken nicht geladen.

  • Ungefragte Automatismen
    Ich habe, ohne etwas zu konfigurieren, von Contactally aktuell ca. 20 Vorschläge, was ich tun soll. Ich finde, sie sollten nur kommen, wenn ich gesagt habe "mit Person X mindestens 2 Mails pro Woche" oder was auch immer.

Fazit – Testen!

Trotz der Schwächen sollte man das Tool mal testen. Contactually eignet sich hervorragend, um seine Kontakte zu pflegen, z. B. durch die E-Mail-Templates, das bequeme Weiterleiten von Links oder Scaleemail. Von den paar Tools, die ich kenne, ist es in der Hinsicht bislang das beste. Gut gefällt mir außerdem, dass Kontakte (mehreren) Buckets zugeordnet werden können und man dafür nicht umständlich mit Tags arbeiten muss. Auch das Bucket Game, die schnelle Zuordnung der Kontakte, gefällt mir gut.

Die Antwort auf die eingangs gestellte Frage: Ist es wirklich "The best CRM for people who believe relationships should be strengthened, not managed" lautet: Bislang Ja (ich werde noch weitere Tools testen). Aber es hat seinen Preis. Die meisten Features wie Templates, Pipeline, Programs stehen erst ab der Small-Business-Version zur Verfügung.

Was kostet es?

30 Tage lang kann Contactually kostenlos getestet werden. Wer diesen Link nimmt, bekommt laut Contactually sogar 60 Tage. (Disclaimer: Es ist ein Affiliate-Link, der mir einen kostenlosen Monat Contactually spendiert.) Am besten die Small-business-Version wählen, um in den Genuss besagter Features zu bekommen. Hier ein Überblick über die einzelnen Pakete:


Wer sich danach für eine Bezahl-Variante entscheidet, kann diesen Code benutzen eofire, um sechs Monate lang 15 Prozent Rabatt zu bekommen. (Disclaimer: Ich habe ihn im Netz gefunden, ein Podcast mit dem Gründer Zvi Band. Ich verdiene daran kein Geld.)

Neben den drei Versionen gibt es eine kostenlose, sehr abgespeckte Variante. Das bedeutet:

  • Ein E-Mail-Account (weitere Accounts aus der Testphase werden gelöscht).
  • Kein Kontaktimport aus Sozialen Netzwerken oder CRM-Tools möglich (werden ebenfalls nach Testphase gelöscht).
  • Nur acht Buckets.
  • Eine Reminder-E-Mail pro Woche.

Noch Fragen?

Contactually bietet täglich kostenlose Live-Demos an, genannt Office Hours. Außerdem gibt es zahlreiche Videos.

Warum Contactually derzeit nicht richtig rund läuft, liegt auch an den vielen Neuerungen. Contactually veröffentlicht regelmäßig neue Features, das heißt es lohnt sich, den Blog zu abonnieren.

Weitere CRM-Tools, die ich getestet habe:

Update: 10.04.2015

Jan hatte Contactually lange im Einsatz und aber war zunehmend unzufrieden, etwa mit dem Support und vielen Bugs, die auch nach Monaten nicht behoben wurden.

Er schreibt: "Contactually hat sich meine Missgunst über Monate mühselig erarbeitet
, so dass ich diese Arbeit einfach würdigen muss."

Was ihn alles stört, gibt es in seinem Blogpost: "Why Contactually sucks! - Finger weg!" Traurig übrigens auch, wie sie mit seinem Beschwerdepost umgegegangen sind.