"Wollen Sie mein Freund sein?" Was uns der Pate übers Networking lehrt

In meinem Blogpost "Was wir von 'Der Pate' lernen können" räumte ich ein, dass man sehr schräg denken muss, um Vito Corleone als Lehrmeister in Sachen Vertrieb & Marketing anzusehen, etwa

  • wie man langfristige (Kunden)Beziehungen aufbaut & pflegt (CRM).
  • was die optimale Produkt- und Preisstrategie ist.
  • langfristig zu denken und sich nicht von hohen Gewinnchancen blenden zu lassen.

Einen wichtigen Punkt hatte ich vergessen: Networking. Nach weiteren nervigen XING-Anfragen möchte ich das hiermit ergänzen.

Wer nicht weiß, was ich meine:
 "Sehr geehrte Frau Muendlein,
wir sind beide in der Gruppe "XING Forum Würzburg-Unterfranken" und getreu dem Gruppenmotto würde ich mich gerne mit Ihnen hier auf XING vernetzen.
Ich freue mich sehr über Ihre Kontaktbestätigung, vielleicht ergeben sich einmal interessante Ansätze.
Oder:
Einen schönen guten Tag Frau Muendlein,
ich habe gesehen, dass wir in der gleichen Gruppe „Akuisitions-Kundengewinnung“ sind. Deshalb möchte ich Ihnen einen besonders schönen Platz in meinem Netzwerk anbieten, wenn Sie mich in Ihres einladen :-))
Da für mich Networking mehr aus Geben, als aus Nehmen besteht, kann ich vielleicht in Zukunft einmal etwas Gutes für Sie tun und Sie in meinem Netzwerk weiter empfehlen.

"Wollen Sie mein Freund sein?"

Gelöscht wurden sie beide, denn mit Networking und Win-Win hatten sie für mich nichts zu tun. Was lehrt uns also der Pate?  

Gleich in der ersten Szene (Teil 1) bittet der Bestattungsunternehmer Bonasera Don Corleone, die Misshandlung seiner Tochter zu rächen und die beiden Übeltäter umzubringen. Voraus ging ein minutenlanger Monolog, der darin endete: "Für Gerechtigkeit müssen wir zu Don Corleone."

Zunächst schlägt der Pate die Bitte ab, Bonasera fleht ihn an. Die Antwort des Paten:
"Ich kann mich nicht erinnern, wann du mich das letzte Mal in dein Haus eingeladen hast zu einer Tasse Kaffee. Dabei ist meine Frau die Patentante deines einzigen Kindes. [...] Du hast dich gefürchtet in meiner Schuld zu sein."
"Ich wollte nur keine Unannehmlichkeiten haben."
"Ich weiß. Für dich war Amerika das Paradies. Dein Geschäft geht gut. Die Polizei ist da, um dich zu beschützen. Außerdem gibt es Gerichte. Wozu noch ein Freund wie mich? Aber jetzt kommst du zu mir und sagst: 'Don Corleone verschaff mir Gerechtigkeit.' Aber du zeigst mir keinen Respekt. Bietest nicht etwa Freundschaft. Du sagst nicht einmal Pate zu mir. Nein, stattdessen kommst du am Hochzeitstag meiner einzigen Tochter in mein Haus und bittest mich, einen Mord zu begehen. Für Geld."
Die Szene ist für mich exemplarisch dafür, wie viele ihr Netzwerk pflegen: Gar nicht. Wenn sie etwas brauchen, stehen sie auf der Matte und danach verschwinden sie wieder, bis sie erneut Hilfe möchten. Dabei ist ein großes Netzwerk eine gute Versicherung. Im Buch "Der Pate" von Mario Puzo erklärt Don Corleone seinem Patensohn Johnny Fontane:
"Freundschaft ist alles. Freundschaft ist mehr als Talent. Sie ist mehr als die Regierung. [...] Wenn du dir einen Schutzwall von Freundschaften gebaut hättest, dann brauchtest du mich nicht um Hilfe zu bitten."
Nur warum ist das für viele so schwierig?

Meine Vermutung ist, dass sie den Wert "kleiner Gefälligkeiten", ein Link, ein Geburtstagsgruß, ein Retweet, eine Empfehlung unterschätzen. Nicht daran denken. Glauben, dass es viel Zeit kostet, sein Netzwerk zu pflegen, dass es anstrengend ist. Stets eine "Gegenleistung" erwarten, statt uneigennützig etwas zu tun.

Kleine Gefälligkeiten

Wie es man es "richtig" macht, ist wenig später ebenfalls im Film zu sehen. Die Bitte von Bäckermeister Nazrine, der zu jedem Festtag einen Kuchen schickt. Die Aufenthaltsgenehmigung des zukünftigen Schwiegersohns gewährt der Pate sofort: Eine Hand wäscht die andere. Ganz einfach.

Zurück zu den XING-Spammern: Warum sollte ich sie überhaupt zu meinem Netzwerk hinzufügen? Dass ich mehr Kontakte kriege? Die Masse allein macht es nicht. Was bringen mir Leute, die ich nicht kenne, zu denen keinerlei Beziehung besteht? Ein vages, leicht gegebenes Versprechen auf "Win-Win", einen besonderen Platz in ihrem Netzwerk, reicht für mich nicht aus.

Statt Masse aufzubauen, kümmere ich mich lieber um die vorhandenen Kontakte. Ich überlege, ob der Artikel, den ich gerade lese, für jemanden anderen nützlich ist. Wenn ich mitkriege, dass ein Kontakt, einen neuen Mitarbeiter / Freelancer / Dienstleister sucht, schaue ich, wen ich aus meinem Netzwerk kenne und bringe die beiden zusammen.

Wenn ich interessante Folien auf Slideshare finde, teile ich sie mit meinem Netzwerk. Oder ich gratuliere einfach zum Geburtstag, melde mich ab und zu, verabrede mich zum Kaffee/Mittagessen. Es sind viele kleine uneigennützige Dinge, die sich in der Summe später auszahlen.

Die meisten Menschen helfen im Gegenzug gerne, wenn man mal Hilfe braucht. Wie du mir, so ich dir. Es wäre schön, wenn andere diese Redewendung beherzigen würden. Dann müssten sie auch niemanden mehr zuspammen. Es wäre für alle ein Segen.