Es gibt Themen, die vermeintlich wenig hergeben und selbst den Autor langweilen. Wie wird also der berühmte Sack dennoch interessant? Unter anderem darauf gingen Christian de Vries und Christian Dingler in der viel gelobten Session "Schöner Schreiben" auf dem BarCampRuhr6 ein. Im Nachgang habe ich Christian Dingler interviewt, um noch mehr zu erfahren.
Es gibt keine langweiligen Themen
Zunächst: Es gibt keine langweilige Themen. Das behauptet zumindest Pratik Dholakiya in seinem Aritkel "How to Write Interesting Content for a “Boring” Topic". Er veranschaulichte es am Beispiel einer Kaffeetasse und verwendete zum Brainstormen die bekannten W-Fragen: Wer, was, wann, wo, warum und wie:
- Who invented the first coffee cup and how did they get their inspiration?
- What makes people think they need to drink coffee from a coffee cup and water from a glass?
- When do coffee cup sales rise and what does that tell us about the American public?
- Where are coffee cups made, and why not somewhere else?
- Why are we drawn to novelty coffee cups with phrases like “World’s Greatest Dad” on them?
- How does a coffee cup get all the way from China to the US and still sell for a profit?
Knackiger Titel
Nun braucht es einen knackigen Titel, der die Leser neugierig macht. Wichtig ist, so Christian de Vries, mindestens fünf mögliche Varianten aufzuschreiben und eine Stunde ruhen zu lassen. Christan Dingler gibt in seinem Blogpost "bcruhr6: Ein Sack Reis wird spannend" zusätzlich Tipps, die beim Brainstormen helfen:
- Konfrontation: Umgefallener Sack Reis sorgt für schlechte Stimmung in China
- Harmonie: Chinesische Familie versöhnt sich über umgefallenen Sack Reis
- Wirtschaft: Jährlich Schäden von 1,5 Mio. Euro durch umfallende Reissäcke
- Tradition/Geschichte: Schon die alten Römer nervten Geschichten über umfallende Reissäcke
- Zukunft: Startup verspricht: Nie wieder umfallende Reissäcke
- Nähe: Sack Reis im Essener Unperfekthaus umgefallen
- Außergwöhnlichkeit: Sack Reis ausnahmsweise stehen geblieben
Küchenzuruf - Wir sind Papst
Im Interview gab mir Christian Dingler noch einen weiteren Tipp: Küchenzuruf. Es geht darum, eine Headline mit 4-5 Wörter zu finden, auf die, wenn man sie durch die Küche schreit, der andere interessiert reagiert. Etwa: "Wir sind Papst" - "Echt?"
Christian gab im Interview zu, dass dies schwierig sei:
"Die Meister des Faches mit der berühmten Schlagzeile 'Wir sind Papst' beschäftigen eine Person, die nichts anderes macht, als Überschriften zu texten."
"Die meisten lesen den Text nicht komplett" - Vorspann
Zum Text. Der erste Absatz sollte eine Zusammenfassung des wesentlichen Inhalts sein. Denn, so Christian,
"die meisten Leute lesen den Text nicht komplett. Daher beginnst du mit dem wichtigsten und gehst absatzweise auf einzelne Aspekte ein und gibst dazwischen Hintergrundinformationen."Hilfreich für das Schreiben des Vorspanns sind die besagten W-Fragen: Wer, was, wann, wo, warum, wie. Wenn ich meinen ersten Absatz nehme:
Es gibt Themen, die vermeintlich wenig hergeben und selbst den Autor langweilen. (Was)
Wie wird also der berühmte Sack dennoch interessant?
Unter anderem darauf gingen Christian de Vries und Christian Dingler in der viel gelobten Session "Schöner Schreiben" auf dem BarCampRuhr6 ein. (Wer, wo, was)
Im Nachgang habe ich Christian Dingler interviewt, um noch mehr zu erfahren. (Warum)
Erzählt von Menschen
Für den Haupttext empfiehlt Christian in seinem Blogpost von Menschen zu erzählen:
"Was uns fesselt, sind Geschichten von echten Menschen. Erzählt also nicht die Geschichte 'In Essen ist ein Sack Reis umgefallen' – was ich lesen möchte, ist 'Stefan und Katja waren entsetzt, als sie am Morgen des 10. März einen umgefallenen Sack Reis im Lager des Unperfekthaus in Essen entdeckten.'”"Ist das nicht zu banal?" - "Banal ist es meist für die Leute, die tief im Thema drin sind." In dem Fall meine Frage. "Wichtig ist, sich vorab zu fragen, für wen schreibe ich. Ist es eine Fachpublikation konzentriere ich mich auf Aspekte, die selbst für 'Experten' neu sind und orientiere mich am Stil anderer Artikel."
"Keine langweiligen Schulaufsätze"
So weit die Experten. Nun hoffe ich, dass ich all diesen Tipps zukünftig keine angweilige Schulaufsätze mehr schreibe. Denn das war Ausgangspunkt: Christians de Vries Blogpost "Eure Barcamp-Berichte sind langweilig!"
Ein großes Dankeschön an dieser Stelle an Christian Dingler für die Beantwortung meiner "banalen" Fragen ;-) und Christan de Vries für die vielen hilfreichen Tipps. Eure Session war inspirierend und hoffentlich bis zum nächsten Mal mit "Schönere Texte für Fortgeschrittene".