Die 10.000-Stunden-Regel, die es für echte Meisterschaft in einem Fach bedarf und von Malcolm Gladwell bekannt gemacht wurde, ist vermutlich ein Begriff. Sie ist nicht ganz unumstritten, aber das soll hier nicht das Thema sein. Nein, es geht heute stattdessen um 10.000 Experimente und warum das sinnvoller sein könnte.
Experimente statt Stunden?
Machen wir uns nichts vor, 10.000 ist erst mal eine riesengroße Zahl und die wenigstens zählen wohl ernsthaft mit. Ist auch egal, es geht vielmehr um die Tatsache, dass fast alles im Leben Übung bedarf. Aber ob es nun Stunden sein müssen oder die gleiche Zahl an Experimenten sein können, das ist nun die Frage. Der Unterschied für James Altucher, bei dem ich die Idee mit den 10.000 Experimenten gefunden hatte, ist:
"Stay in your comfort zone for 10,000 hours and you might get good.
An experiment means: Try something that everyone else is afraid to try. Try to learn what happens on the other side of 'You CAN’T/shouldn’t do that!'
Then you are the only person on the other side of Can’t. That is success.
Each experiment let’s you skip part of the 10,000 hours.
I know this because I’ve done it. You can fail on 10,000 experiments but then suddenly you’re Thomas Edison."
Nehmen wir das Beispiel Telefonieren: Wer 10.000 Telefonate mit (potenziellen) Kunden geführt hat, der kann nicht so schlecht sein. Irgendwas bleibt da hängen, oder wenn man derart unbegabt wäre, hätte man längst aufgegeben – was viele übrigens tun (ob aus mangelnder Begabung, Angst oder fehlender Notwendigkeit sei mal dahin gestellt).
Nein, wer 10.000 Gespräche geführt hat, den wird nichts so leicht mehr aus der Ruhe bringen: unfreundliche Begrüßungen, Beschimpfungen, Absagen, Auflegen – all das hat man schon erlebt. Und 10.000 Gespräche heißt nicht 10.000 Stunden.
So sehen 20.000 Telefonate mehr aus
Ein Highlight war für mich, Martina Bloch telefonieren zu sehen. In ihrem Telefonakquise-Workshop hatte sie "live" gezeigt, was sie vorher in der Theorie erklärt hat und für eine Teilnehmerin Kontakte angerufen. Das heißt, sie war mit dem Thema unvertraut und hatte knapp zwei Minuten Vorbereitung. Worauf sie aber zurückgreifen konnte: vermutlich mehr als 20.000 Gespräche, die sie als Akquisefachfrau schon geführt hat. Dem zuzuhören, war eine echte Freude, eine wirkliche Meisterin ihres Faches.
Okay, wem die Zahl 10.000 oder gar 20.000 zu hoch erscheint: Wie wäre es mit 1.000 Telefonaten? Wer sich die vornimmt, kann das in einem Jahr schaffen, fünf pro Tag (bei 200 Arbeitstagen), so viel ist das nicht.
"But maybe the one thing I learned is to keep the experiments small."
Das wichtigste bei all dem ist jedoch, nicht gleich alles perfekt machen zu wollen, sondern vielleicht erst mal die Begrüßung ordentlich hinzukriegen und was man konkret anbietet. Das meint James Altucher, wenn er schreibt: "But maybe the one thing I learned is to keep the experiments small."
Und wer nicht telefoniert, wie wäre es mit "gute E-Mails schreiben"? E-Mails, die schnell auf den Punkt kommen und auf die das Gegenüber antwortet; das ist auch eine Kunst und bedarf der Übung.
Oder Blogartikel schreiben. Wer jeden Tag einen Artikel verfasst, sollte nach 1.000 seinen Stil gefunden haben. Die muss man ja nicht alle veröffentlichen, allein die tägliche Praxis hilft.
Was ich mit all dem schreiben will: Es müssen nicht gleich 10.000 Stunden sein, hilfreich kann die gleiche Zahl an Experimenten sein, bei denen man gezielt Dinge ausprobiert.
Es lohnt auch, eine Art Tagebuch oder Liste zu führen, in der man jedes Experiment dokumentiert: Was lief gut, was lief schlecht, was ich kann ich verbessern.
So, ich mach mich dann mal wieder ans nächste Experiment. ;-)
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