Was bedeutet es, in Zeiten von Shitstorms, ein Restaurant mit den schlechtesten Bewertungen zu sein? Und das sogar zu forcieren? Kunden mit Rabatten zu ermuntern, 1-Sterne-Bewertungen abzugeben?
Das ist keine clevere, bewusst eingesetzte Kundengewinnungsmaßnahme, sondern eine Protestaktion; sie war riskant, hätte schieflaufen können, aber hat sie funktioniert.
Die Geschichte ist schon etwas älter, spielt im Jahr 2014 und handelt von einem Restaurant-Besitzer, Davide Cerretini, der unzufrieden mit der Bewertungsplattform Yelp war. Dort können Leute ihre Erfahrungen mit Restaurants, generell mit Unternehmen posten. Wie bei Amazon werden Sterne vergeben (1 bis 5); Problem war für Cerretini:
"Diese 1-Sterne-Bewertungen stammen von Leuten, die nie einen Fuß in mein Restaurant gesetzt haben. Einer beschwerte sich über unsere Kellner.... wir hatten nicht einmal Kellner!"Positive Bewertungen verschwanden seiner Meinung nach, als er es ablehnte, Werbung für sein Restaurant Botto Bistro auf Yelp zu schalten.
Wie schaffen wir es, möglichst viele 1-Sterne-Bewertungen zu kriegen?
Nun, Restaurants leben auch von den Bewertungen auf Plattformen wie Yelp. Cerretini fragte sich daher:
"Was ist, wenn mir der Ruf scheißegal ist? Was wäre, wenn ich ihnen die Macht entziehe, indem ich es noch schlimmer mache?"Und so schrieb er auf die Tafel am Eingang:
"Give us a one star review on Yelp and get 25% off any pizza! Hate us on Yelp."Er traf damit einen Nerv: Presse, andere Restaurantbesitzer und Kunden belagerten daraufhin seinen Parkplatz. Seine Strategie ging auf und sein Restaurant wurde das mit den schlechtesten Bewertungen auf Yelp. Insgesamt war die Aktion aber riskant, wie er zugibt:
"Die meisten Leute sorgen sich nach wie vor um Bewertungen - es ist ein großes Risiko, aber ich würde lieber allein in meinem Restaurant sitzen, als Geschäfte mit Yelpers zu machen."Die Geschichte vom schlechtesten Restaurant wird auf "The Hustle" nacherzählt. Lohnt sich.
Mir gefällt sie insbesondere deshalb, weil sie die Dinge auf den Kopf stellt: "Was, wenn wir uns nicht mehr um die Meinungen auf Yelp scheren, sondern einfach einen guten Job machen? Wenn uns diese Plattform egal ist, wie können wir trotzdem erfolgreich sein?" Und Bewertungsplattformen gibt es ja inzwischen einige, etwa kununu für Arbeitgeber.
Zumindest für Botto Bistro und dessen Chef hat es sich ausgezahlt. Ein-Sterne-Bewertungen waren hier der Game Changer oder die Frage: "Wie schaffen wir es, möglichst viele schlechte Beurteilungen zu bekommen?"
Die sind im Übrigen gar nicht schlecht:
"Botto Bistro sucks. Delicious food priced fairly. One star."Ich würde sagen, das geht deutlich schlimmer. ;-)
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